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MCIVeranstaltungKonferenz

Virtuelle MuC 2020 - Ein Erfahrungsbericht

Die „Mensch und Computer“ (MuC)-Tagung fand in diesem Jahr zum 20. Mal statt. Als im März der Corona-Lockdown erfolgte, wurde deutlich, dass diese Tagung nicht wie geplant als physische Tagung stattfinden kann. Hier finden Sie einen Erfahrungsbericht der Ausrichter der schlussendlich virtuellen MuC 2020.

Die „Mensch und Computer“ (MuC)-Tagung fand in diesem Jahr zum 20. Mal statt. Die gemeinsame Tagung des Fachbereichs MCI in der GI und der Usability Professionals hat traditionell ein vielfältiges Programm mit Workshops, Tutorials, Contests, Doctoral Colloquium, Demos, Poster-Sessions und diversen Sitzungen von Fachgruppen und Fachbereichen. Die Teilnahmezahlen bewegten sich in den letzten Jahren zwischen 750 und 980. Die Usability Professionals hatten ein Barcamp als innovatives Format geplant. Als im März der Corona-Lockdown erfolgte, wurde deutlich, dass diese Tagung nicht wie geplant als physische Tagung stattfinden kann. Die Räumlichkeiten an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg würden nicht ausreichen, wenn viele Plätze aufgrund von Abstandsregelungen frei bleiben müssten. Also wurde eine virtuelle Konferenz geplant, mit dem Ziel möglichst alle Formate auch digital anbieten zu können, und wir haben nur eine sehr moderate Teilnahmegebühr von 20 € für normale Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhoben. Lediglich für die Autorinnen und Autoren von Beiträgen wurden höhere Gebühren (120 bzw. ermäßigt 90 €) erhoben, um die Kosten für die Veröffentlichung in der ACM Digital Library abzudecken. Auf YouTube konnten die wissenschaftlichen Sessions zudem kostenlos und ohne Registrierung live verfolgt werden.

Die wesentlichen Überlegungen zur Durchführung der Konferenz ähneln denen der europäischen Visualisierungstagung EuroVis, an denen einer der General Chairs im Mai teilnahm. Ein Grundsatz bei der Konzeption war, wenn möglich, vorproduzierte Inhalte zu verwenden. So haben wir die Autorinnen und Autoren von Full- und Short-Papern gebeten, ihre Präsentationen (5 bzw. 3 min.) zuvor aufzuzeichnen und uns zu schicken. So konnte sichergestellt werden, dass die Videos eine gute Qualität haben und tatsächlich abgespielt werden konnten. Da die Universität eine Campus-Lizenz für Zoom für die Online-Lehre beschafft hat, sollte Zoom vorrangig eingesetzt werden. Die meisten Workshops, Tutorials und andere kleinere Veranstaltungen wurden mit Zoom realisiert. Einige Workshops, z.B. der Workshop, der sich „Privacy und Security“ widmet, haben andere Video-Konferenz-Lösungen genutzt, insbesondere BigBlueButton.

Im Unterschied zur EuroVis und vielen anderen Tagungen wurde die Vortragsdauer deutlich verkürzt. Während bei bisherigen MuC-Tagungen an den Haupttagen Montag und Dienstag das Programm an Full- und Short-Papers den ganzen Tag gefüllt hat, wurde bei der virtuellen MuC dieses Programm auf die jeweiligen Nachmittage komprimiert (Beginn um 12:30 Uhr). Ein Vortragsslot für ein Full-Paper bzw. eine Demo war 10 Minuten und für ein Short-Paper 6 Minuten. Die Spekulation des Organisationsteams war, dass die Teilnahme dadurch höher ausfällt. Workshops und andere Spezialveranstaltungen fanden auch an den Vormittagen statt.

Die Paper-Sessions liefen folgendermaßen ab: Alle Sprechenden einer Session befinden sich zusammen mit den Chairs sowie dem Technikteam in einem gemeinsamen Zoom-Raum. Nach der Vorstellung der Vortragenden durch die Session-Chairs wurden die aufgezeichneten Videos abgespielt. Nach jedem Video folgte eine Frage-und-Antwort-Runde mit den Session-Chairs. Die anderen Vortragenden haben in dieser Zeit ihre Webcam und ihr Mikrofon deaktiviert. Die Zuschauerinnen und Zuschauer der Konferenz verfolgen die Session live über YouTube. Über den YouTube-Chat konnten Fragen gestellt werden, die die Session-Chairs vorgelesen haben. Generell ist von dieser Funktion relativ wenig Gebrauch gemacht worden, d.h. die Fragen kamen zum großen Teil von den Session-Chairs. Bei vorherigen (physischen) Tagungen waren die Teilnehmenden aktiver in Bezug auf eigene Fragen. Diskutiert wurde, ob die verkürzten Präsentationen dazu beigetragen haben, dass es weniger Fragen aus dem Auditorium gab – diese Vermutung wurde mehrfach geäußert.

Das Kernstück des technischen Aufbaus war die Open-Source-Software OBS Studio. Diese Software sammelt die Audio- und Videodaten der anderen beteiligten Anwendungen und verwaltet damit das Streaming an YouTube. Beispielsweise kann OBS Videodateien abspielen oder den Zoom-Raum abfilmen. Es können sog. „Szenen“ angelegt werden, denen jeweils unterschiedliche Audio- und Videoquellen zugeordnet sind und zwischen denen je nach Bedarf hin- und hergewechselt werden kann.

Da die Anzeige des Streams auf YouTube um ungefähr 30 Sekunden verzögert ist, sollten die Session-Teilnehmenden diesen nicht gleichzeitig betrachten. Dies verhindert allerdings, dass sie die voraufgezeichneten Talks sehen können, da diese ohne Umweg über Zoom von OBS direkt zu YouTube gesendet wurden. Mithilfe einer Software wie ManyCam können diese Videos dennoch in Zoom sichtbar gemacht werden. ManyCam erlaubt das Einrichten einer virtuellen Webcam, deren Videosignal zwischen der echten Webcam und beliebigen anderen Inhalten umgeschaltet werden kann. Somit kann das Auditorium die voraufgezeichneten Talks innerhalb der Webcam-Anzeige der Technik sehen.

Eine weitere Herausforderung stellt die Verwaltung der Audiostreams dar. Es gibt mehrere Audioquellen (Zoom, Ton der aufgezeichneten Talks, Mikrofon der Technik) sowie Audioziele (Zoom, YouTube, Kopfhörer des Technikers), wobei nicht jede Quelle auch an jedes Ziel weitergeleitet werden soll. Beispielsweise soll das Mikrofon der Technik für die Teilnehmenden des Zoom-Raumes hörbar sein, allerdings niemals an YouTube gesendet werden. Umgekehrt soll der von Zoom und den aufgezeichneten Talks kommende Ton sehr wohl auf YouTube hörbar sein. Abhilfe schafft hier etwa die Software Voicemeeter Banana, welche wie ein virtuelles Mischpult funktioniert und es ermöglicht, die verschiedenen Audioquellen auf mehrere Ziele aufzuteilen. Voicemeeter Banana erzeugt dafür unter anderem virtuelle Audio-Ein- und Ausgänge, welche in den entsprechenden Anwendungen wie Zoom und OBS als Ein- oder Ausgabegeräte konfiguriert werden.

Nicht alle Herausforderungen waren für uns frühzeitig absehbar. In den beiden Wochen vor der Tagung haben wir tägliche Tests durchgeführt, wobei jeweils unterschiedliche Gruppen involviert wurden, z.B. die Invited-Speaker und die Demo-Chairs. Das Live-Streaming bzw. das parallele Live-Streaming mehrerer gleichzeitiger Sessions waren dabei am schwierigsten zu realisieren.

Viele Eventualitäten wurden bedacht, um bei Störungen oder Ausfällen schnell reagieren zu können. So waren redundante Netzwerkverbindungen verfügbar und die Software, die für das Streaming erforderlich war, war auf wesentlich mehr Rechnern installiert, als es erforderlich gewesen wäre, um bei einem Problem an einem Rechner ohne Zeitverzug einen anderen nutzen zu können. Erst am Ende dieser zweiwöchigen Testphase stand ein stabiles Setup, das dann während der Tagung auch ohne größere Probleme funktioniert hat.

Für die Teilnehmenden war wichtig, dass sie gut über den Ablauf informiert werden und bequem an den sie interessierenden Veranstaltungen teilnehmen können. Deswegen wurde ein einheitliches Passwort für alle Veranstaltungen verwendet. Auf einer Landing-Page konnte die jeweilige Session direkt angesprungen werden. Die Usability Professionals haben jeden Morgen eine Mail an alle Teilnehmenden vorbereitet, in denen auf die Highlights des Tages hingewiesen wurde. 786 Personen haben an der diesjährigen virtuellen MuC teilgenommen.

Dieser Erfahrungsbericht wurde von B. Behrendt und B. Preim (beide an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!